Die kunstundhelden Presseschau im September 2018

Bild: Pexels, Liis Saar

Was hat die Kunstwelt im September bewegt? Worüber wurde in den Feuilletons die Nase gerümpft oder geschmunzelt – was waren die Lieblinge der Journalisten? Unsere persönlichen Highlights aus Feuilletons und Fachmagazinen hier zusammengestellt und verlinkt zum nachlesen. 

Foto oben: Pexels, Liis Saar

Den Anfang macht die Berlin Art Week. Vor allem der Umzug der Messe Art Berlin in die Hangars des ehemaligen Flughafen Tempelhof und die zweite Auflage derselbigen unter dem Dach der Kölner Kunstmesse wurde natürlich genau unter die Lupe genommen. Überwiegend positiv fiel die Kritik aus: „Die Messe Art Berlin punktet mit hoher Qualität“, befindet Birgit Rieger im Tagesspiegel und wertet die neue Übersichtlichkeit der Messe als Pluspunkt, ebenso die neugewonnene Planungssicherheit durch die Übernahme der Messe Köln.

Die anhaltende „Kaufunlust“, im Berliner Kunstmarkts erklärt Nicola Kuhn ebenfalls im Tagesspiegel zu einem „Erbe der Mauerstadt“. Zwar sei Berlin „als Schaufenster für Sammler heute attraktiv, das belegen die vielen Kollektionen, die gerade zur Art Week für das Publikum zugänglich sind. Nur eingekauft wird woanders.“ Als umso wichtiger befindet Kuhn daher die Möglichkeiten für Berliner Galerien, die eine Messe mit sich bringen kann und kritisiert das mangelnde Engagement des Berliner Senats, der im vergangenen Jahr die Trägerschaft der Kölner Messe überließ: „Die Kölner sollen es nun für das arme Berlin richten.“

Überraschend (für manch einen sogar erleichternd): Ai Wei Wei mag seine eigene Kunst nicht, mochte sie noch nie! Dies offenbarte der chinesische und in Berlin lebende Polit-Künstler unlängst im Interview mit Barbara Nolte im Tagesspiegel. Anlass war das Human Rights Film Festival, das Ai Wei Wei unterstützt. Irgendwie sympathisch oder? 

Mit einem, der es auch nicht immer ganz leicht hatte, jetzt aber ebenfalls eher zu den großen „Zampanos“ im Kunst Biz zählt, hat Anna Gien für Monopol ein unterhaltsames Interview über „Scham, Erfolg und Männersachen“ geführt. Darin erzählt Christian Jankowski, dass er (im Gegensatz zu Ai Wei Wei) seine Kunst „spitze“ findet und wie es sich für den einstigen „Schwarzhörer“ (er wurde an der Kunsthochschule abgelehnt, besuchte aber trotzdem Vorlesungen) anfühlte, als der Schalter umgelegt wurde und es los ging, mit dem Erfolg als Künstler. Daraus dass Anna Gien viel Sympathie für Jankowski hegt macht sie kein Geheimnis, bei ihrem Gespräch im Sonnenschein und kitzelt am Ende doch zumindest noch ein guilty pleasure aus Jankowski heraus: Musik von Udo Lindenberg!

Apropos Business! Ein neues Geschäftsmodell in der Kunstbranche versuchen die beiden Kuratorinnen Anne Schwanz und Johanna Neuschäffer gerade zu etablieren (vorher bei Eigen und Art). Als „Post Galerie“ experimentieren sie mit neuen Ausstellungsformaten, Kooperationen, ohne festen Künstlerstamm und Galerieräume. Nachzulesen ebenfalls in Monopol unter dem Titel „Etwas anders machen„.

In einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur hat die aktuelle Stadtkuratorin der HafenCity Hamburg Ellen Blumenstein (früher KW Berlin) von den Herausforderungen ihrer kuratorischen Aufgabe in der Hansestadt erzählt. Um das Quartier um die Elphilharmonie kulturell zu beleben, setzt die einstige Kuratorin der KW Berlin unter anderem Projekte im öffentlichen Raum mit dem Künstler Julius von Bismarck um. Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur bekräftigt Blumenstein auch eine ihrer früheren Aussage, mit der sie für die „Abschaffung der Kritik in der Kunst“ und stattdessen für ein konstruktiveres Kunstschaffen plädiert.

Viel Kritik AN der Kunst, nämlich an der vom hierzulande gefeierten Martin Eder kam von Jonathan Jones im Guardian. In seinem Artikel geht Jones hart ins Gericht mit Eder’s Malereien in dessen Londoner Ausstellung in der Newport Street Gallery von Damien Hirst. Jones ist der Meinung, Hirst habe sich ausschließlich für Eder’s Bilder entschieden, um Aufmerksamkeit auf seine Galerie zu lenken, um die es in letzter Zeit etwas still geworden ist. Für Jones sind Eder’s Malerein nichts weitere als gefühlskalte, pornografische Schmierereien, eine „Dusche des Hasses“ und weiter: „There is an unbelievable stupidity at the centre of Eder’s art, the kind that thinks of itself as very clever. Eder is the painter as internet troll: supposing himself a brilliant intellectual surrounded by idiocy, while what he is actually doing is massively adding to that idiocy…“

Der anonyme Kunstkritik-Instagram-Account „theworstoftheworstoftheworst“ kommentierte die Ausstellung in der Newport Gallery übrigens in ganz spezieller Weise

Die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashion“ am Fine Arts Museum in San Francisco hat derweil ebenfalls eine Kontroverse ausgelöst. Welche Kritik dem Ausstellungsinitiator Max Hollein (Ex-Städel-Chef, jetzt Met Museum) dabei entgegen schlägt umreisst er selbst in diesem Fernsehbeitrag der Deutschen Welle. 

Man weiss nicht, ob man lachen oder weinen soll, heisst es an einer Stelle im Artikel „Sie hat es immer gern gemacht“ der FAZ. Dem kann man sich nur anschließen, angesichts der quitsch-Pinken und Grünen Holzfigurengruppe aus dem 15. Jahrhundert, die im spanischen Asturien durch eine Hobby-Malerin „verschönert“ wurde. Diese Form der Eigeninitiative scheint indes kein Einzelfall zu sein…

Und zum Schluss noch die Freude des FAZ-Feuilletonisten Niklas Maak: „Endlich wieder Krawallkunst „. Gemeint sind damit die nach Protesten entferne Erdogan Statue in Wiesbaden und das Großprojekt Gau in Berlin. Letzteres wurde mittlerweile ad acta gelegt. Doch der nächste Kunst-Skandal kommt bestimmt…